Muskelzerrung – die Ursachen


Auch wenn eine Muskelzerrung generell jeden Muskel betreffen kann, gibt es doch Muskelgruppen, die häufiger in Mitleidenschaft gezogen werden, zum Beispiel Oberschenkel und Wade. Bekannt ist auch die Leistenzerrung (Adduktorenzerrung), die bei einer plötzlich ausgeführten Bewegung in die Gegenrichtung der Muskeln auftritt. Die Adduktoren-Muskeln ermöglichen, dass wir die Beine an den Körper heranziehen können, während ihre Gegenspieler, die Abduktoren dafür sorgen, dass wir die Beine seitlich spreizen können.

Klassischer Fall einer Leistenzerrung: Ein Fußballer grätscht nach dem Ball, das Bein wird dabei sehr stark und ruckartig vom Körper weggeführt (Abduktion) und die gegenspielenden Muskeln (Adduktoren) werden so gezerrt und verletzt. Tatsächlich treten Zerrungen häufig bei Sportarten auf, bei denen Antritte und schnelle Richtungswechsel gemacht werden, zum Beispiel beim Fußball, Basketball, Tennis oder Squash. Eine kurzzeitige Extrembelastung – wie bei einer unkoordinierten Bewegung – führt dann dazu, dass der Muskel die mechanischen Zugkräfte nicht mehr abfangen kann.

Begünstigt wird eine Muskelzerrung durch weitere Faktoren, wie:

  • unzureichendes Aufwärmen
  • überlastete und übermüdete Muskulatur
  • ungünstige Wetterverhältnisse beim Sport (zum Beispiel Regen oder Kälte)
  • schlechtes Schuhwerk
  • unebener Boden
  • verminderte Dehnfähigkeit des Muskels

Eigentlich sind Muskeln sehr widerstandsfähig – wird jedoch die Muskelzerrung ignoriert und der Muskel trotzdem weiter belastet, können Verletzungen wie ein Muskelfaserriss auftreten. Außerdem kann es, wenn die Zerrung nicht auskuriert wird, immer wieder zu Verletzungen an der gleichen Stelle kommen. Machen Sie daher nicht um jeden Preis weiter. Ärzte raten nach einer Zerrung zu einer Sportpause von zwei bis sechs Wochen, je nachdem wie der Schweregrad eingestuft wird.1

Symptome einer Muskelzerrung

  • Verkrampfung der Muskulatur
  • entsteht häufig zu Beginn der Belastung
  • Schmerzsymptomatik:
    • verhärteter Muskel, Schmerzen werden kontinuierlich stärker
    • ziehende, krampfähnliche Schmerzen
    • in Ruhe klingen die Beschwerden für gewöhnlich wieder ab
  • Schütteln und Lockerungsmaßnahmen bleiben erfolglos, die sportliche Tätigkeit muss beendet werden
  • maximale Belastung des Muskels nicht mehr möglich

Sofortmaßnahmen bei einer Zerrung


Für die ersten 72 Stunden nach der Muskelverletzung wird die Behandlung nach der PECH-Regel empfohlen:  

  • P – Pause: körperliche Aktivität abbrechen
  • E – Eis: Kühlen, mit Kühlkompressen oder kalten Umschlägen (kein Eis direkt auf die Haut)
  • C – Compression: elastischen Druckverband mit moderatem Druck, das heißt nicht zu fest anlegen
  • H – Hochlagerung: die verletzten Gliedmaßen hochlagern

Die PECH-Regel ist bei Muskelzerrungen, Muskelfaserrissen und Bänderdehnungen als Erste-Hilfe-Maßnahme anzusehen, auch wenn das den Arztbesuch nicht ersetzt.

Ziel der Behandlung nach der PECH-Regel ist es, die Schmerzen zu lindern und ein mögliches Ödem, eine Ansammlung von wässriger Flüssigkeit im Gewebe, zu reduzieren.

Haben Sie´s gewusst?

Menschen, die nicht regelmäßig Sport machen, bestehen etwa zu 40 Prozent aus Muskulatur.2 Sportler besitzen wesentlich mehr davon, da durch das Training eine Querschnittsvergrößerung der Muskelfasern (Hypertrophie) stattfindet.

Wie wird eine Zerrung behandelt?


Bei einer Zerrung bleibt die anatomische Struktur des Muskels unverändert, das Muskelgewebe ist intakt, doch die Steuerung der Muskelspannung ist gestört. Im Gespräch zwischen Patient und Arzt wird festgehalten, wie es zur Verletzung gekommen ist. Im Anschluss achtet der behandelnde Arzt beim Tasten (Palpation) darauf, ob der Muskel verhärtet ist oder ein Druckschmerz besteht. Es folgt eine Funktionsanalyse, in der Dehn- und Belastungsschmerz überprüft werden.

Bei der Behandlung der Muskelzerrung fokussiert sich der Arzt darauf, die Symptome zu therapieren und die Reparaturprozesse im Bereich der Muskelfeinstruktur anzustoßen. Nach Abwägung des Einzelfalls kann der Arzt lokale Salbenverbände anlegen oder entzündungshemmende Medikamente verschreiben, wie zum Beispiel Acetylsalicylsäure, Diclofenac oder Ibuprofen. Zur verordneten Sportpause kann zusätzlich eine physikalische Therapie in Form von Krankengymnastik unterstützend wirken, da sie dazu beiträgt, den Muskel zu entspannen, die Regenerationsfähigkeit zu fördern, aber gleichzeitig die Kraft des Muskels zu erhalten. Mit Ausgleichssportarten wie Radfahren oder Wassertraining (Aqua Fit, Aqua Jogging) kann der Betroffene Stück für Stück mit dem Aufbauprogramm für den gezerrten Muskel beginnen. Häufig wird bei Muskelzerrungen die sogenannte Muscle-Release-Technik angewendet, bei der die Muskulatur im Wechsel an- und wieder entspannt wird.

Die Abfolge der Muscle-Release-Technik:

  1. Der Therapeut dehnt den Muskel vorsichtig bis zur Schmerzgrenze, bevor er die Spannung wieder etwas lockert.
  2. Der Sportler arbeitet acht bis zehn Sekunden gegen den vom Therapeuten erzeugten Widerstand an.
  3. Es folgt weiteres Dehnen, erneut bis zur Schmerzgrenze.
  4. Die Schritte 1 bis 3 werden vier- bis fünfmal wiederholt.

Ein Tipp zur Selbsthilfe: Betroffene können bei Muskelbeschwerden den Heilungsprozess vorantreiben, indem sie die Magnesiumaufnahme in der Ernährung erhöhen.

Und das funktioniert so:

  • täglich eine Handvoll Nüsse essen
  • Sonnenblumenkerne verzehren, zum Beispiel als Topping bei einem Salat
  • Weizenkeime verwenden (schmecken zum Beispiel in Müsli oder Joghurt)

Auch magnesiumhaltiges Mineralwasser (über 100 Milligramm pro Liter) hilft, die Magnesiumvorräte im Körper aufzustocken.

Wie werden Muskelverletzungen eingestuft?

Ein Muskel besteht aus vielen Muskelbündeln, die sich wiederum aus vielen Muskelfasern zusammensetzen. Die Art der Muskelverletzung wird durch den Grad der Muskelfaserzerreißung bestimmt:
unverletzter Muskel → Muskelzerrung → Muskelfaserriss → Muskelriss

Können Sportler etwas tun, um einer Muskelzerrung vorzubeugen?


Absolvieren Sie unbedingt ein Aufwärmtraining, bevor Sie mit dem Sport beginnen, da die noch kalten Muskeln weniger elastisch sind und viel schneller überdehnt werden.

Diese weiteren Maßnahmen können ebenfalls vorbeugend durchgeführt werden:

  • Unterstützen Sie gefährdete Körperstellen mit Tapes oder Bandagen.
  • Lassen Sie von einem qualifizierten Trainer überprüfen, ob Sie die Bewegungen beim Sport richtig ausführen.
  • Legen Sie Wert auf eine gute Ausrüstung – beispielsweise passende Laufschuhe – und vermeiden Sie durch das Tragen von Sportkleidung, die den Witterungsbedingungen angepasst ist, dass Ihr Körper auskühlt.

Zusammenfassend gilt: Muten Sie Ihrem Körper nicht zu viel zu. Überbeanspruchte Muskeln verkrampfen leichter und wer müde und bereits erschöpft vom Training ist, reagiert unter Umständen nicht mehr so schnell – das Risiko für eine Muskelzerrung ist höher als im fitten Zustand.

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Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Wessinghage, Thomas; Feil, Wolfgang; Ryffel, Jacqueline: Sportverletzungen von A – Z. Gesundheitscoach. Stuttgart 2009. S. 167.
  • 2Plesch; Sieven; Trzolek: Handbuch Sportverletzungen. Aachen 2012. S. 37.