Was sind chronische Schmerzen?
Wenn Schmerzen über Wochen, Monate, ja sogar Jahre anhalten, sprechen Mediziner von chronischen Schmerzen; unabhängig davon, ob die ursprüngliche Ursache des Schmerzes vielleicht schon längst behoben ist. Als chronisches Schmerzsyndrom wird ein Schmerz definiert, der mindestens drei bis sechs Monate lang entweder ständig präsent ist oder immer wieder auftritt.
Das chronische Schmerzsyndrom kann das tägliche Leben und die psychische Verfassung erheblich beeinträchtigen. Deswegen ist es besonders wichtig, dass Betroffene sich frühzeitig und richtig behandeln lassen.
Häufigkeit und Entstehung von chronischen Schmerzen
In Deutschland gibt es keine Studien, die eindeutige Aussagen über die Häufigkeit, Dauer und Intensität verschiedener Schmerzsyndrome ermöglichen. Die Deutsche Schmerzliga schätzt aber, dass bis zu ein Viertel der Bevölkerung unter chronischen Schmerzen leidet.1
Meistens beginnen chronische Schmerzen nach einer Verletzung oder aufgrund einer Erkrankung. Zu den häufigsten Gründen für chronische Schmerzen gehören:
- frühere Verletzungen oder Operationen
- Migräne oder andere Arten von Kopfschmerzen
- Arthritis (Gelenkentzündung)
- Nervenschädigungen (zum Beispiel durch Diabetes oder Multiple Sklerose)
- Infektionen
- Fibromyalgie (chronischer Faser-Muskel-Schmerz)
- rein psychogener Schmerz
- Rückenprobleme
Manchmal entstehen chronische Schmerzen auch scheinbar aus heiterem Himmel, ohne eine organische Ursache. Warum das so ist, konnten Forscher noch nicht abschließend klären.
Chronische Rückenschmerzen und mehr
Im Interview spricht Dr. Güßbacher (Facharzt für Orthopädie) nicht nur über chronische Beschwerden – auch wie sich Rückenschmerzen auf den Rest des Körpers auswirken und weitere spannende Themen kommen in unserer Podcastfolge nicht zu kurz.
Welche Symptome bei chronischen Schmerzen auftreten
Chronische Schmerzen können tagelang konstant anhalten oder in ihrer Intensität an- und abschwellen. Mitunter können mit den chronischen Schmerzen auch zusätzliche Symptome einhergehen, wie zum Beispiel:
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Schlafprobleme
- Stimmungsschwankungen
- Schwäche und Energielosigkeit
Chronische Schmerzen können alle Stärken annehmen, von mild bis sehr heftig. Außerdem kommen alle Schmerzqualitäten vor – beispielsweise brennend, stechend, dumpf oder klopfend.
Folgen chronischer Schmerzen
Chronische Schmerzen können Ihr Alltagsleben stark beeinträchtigen. Die Schmerzen halten Sie vielleicht von wichtigen Dingen ab, die Sie erledigen wollen oder müssen, sie mindern Ihr Selbstbewusstsein und lassen Sie wütend, ängstlich, depressiv oder frustriert werden. Dies kann zum Teufelskreis werden, indem diese negativen Gefühle ihrerseits die Schmerzen noch verstärken. Aus diesem Grund verschreiben Ärzte Patienten mit chronischen Schmerzen häufig zusätzlich Antidepressiva. Auch Schlafmangel und ein erhöhtes Stresslevel können die Schmerzempfindung intensivieren.
Chronische Schmerzen: Therapie
Um bei chronischen Schmerzen den richtigen Therapieweg einzuschlagen, konsultieren Sie bitte Ihren Hausarzt oder einen Schmerzspezialisten. Meist wird ein interdisziplinärer Ansatz gewählt, der folgende Komponenten umfassen kann:
- Therapie durch Schmerzmedikamente
- physikalische Therapie (auf physikalischen Methoden beruhende Therapieverfahren, die zum Beispiel Licht, Kälte, Wärme oder elektrische Reize nutzen)
- verhaltenstherapeutische Verfahren
- alternative Methoden (zum Beispiel Akupunktur)
Da die Schmerzen sehr individuell sind, wird der Arzt einen Plan zum Schmerzmanagement entwickeln, der sehr spezifisch auf die Bedürfnisse des Patienten eingeht. Heute wird zur Behandlung des chronischen Schmerzsyndroms zunehmend die multimodale Schmerztherapie angewandt: Sie zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz aus, bei dem verschiedene Berufsgruppen wie Ärzte, Physiotherapeuten und Psychologen Hand in Hand arbeiten und neben den physischen Aspekten auch die psychischen und sozialen Aspekte der Erkrankung miteinbeziehen.
Das Schmerzgedächtnis
Beim Thema chronische Schmerzen fällt oft der Begriff „Schmerzgedächtnis“, was andeutet, dass bei chronischen Schmerzkrankheiten tatsächlich gedächtnisähnliche Prozesse eine große Rolle spielen. Ein Schmerzgedächtnis kann der Körper entwickeln, wenn Schmerzen über längere Zeit bestehen und nicht behandelt werden.
Die Nervenbahnen, die die Impulse der Schmerzfasern ins Gehirn leiten, werden durch andauernden Schmerz ständig gereizt und dadurch übersensibel. Das heißt sie reagieren zunehmend auch bei schwachen Schmerzreizen und irgendwann sogar dann, wenn gar kein realer Schmerzreiz vorhanden ist. Die Nervenzelle kann nicht mehr abschalten – sie hat ein Schmerzgedächtnis entwickelt. Allein durch Medikamente kann dieses Schmerzgedächtnis nicht mehr gelöscht werden. Manchmal helfen sogenannte Gegenirritationsverfahren, wie die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) oder die Elektroakupunktur. Sie können die gesteigerte Empfindlichkeit des Schmerzsystems im Rückenmark zumindest zeitweise wieder normalisieren. Auch autogenes Training oder Psychotherapie können eine Besserung erzielen. Am besten ist es jedoch, es gar nicht so weit kommen zu lassen und Schmerzen frühzeitig und wirkungsvoll zu therapieren.