Schmerzmerkmale: Woran erkennen Sie Clusterkopfschmerz?


Bei über 90 Prozent der Betroffenen beginnen die Schmerzen im Bereich der Augen.2 Von dort strahlen sie innerhalb weniger Minuten aus: In die Stirn- und Schläfengegend, zum Kiefer, in den Rachen, in die Ohren und Wangen, manchmal sogar bis zum Schulter-Nackenbereich. Einige Auslöser, sogenannte „Trigger“, können Clusterkopfschmerz provozieren: Alkohol, Nikotin, blendendes oder flackerndes Licht, das fast überall im Körper vorkommende Gewebshormon Histamin, bestimmte Wetterlagen – besonders im Frühjahr und Herbst – und Arzneistoffe wie Nitroglycerin und Nifedipin.

Clusterkopfschmerzen: Symptome

  • Die Begleitsymptome treten ausschließlich auf der Seite auf, die vom Schmerz betroffen ist. Infrage kommen zum Beispiel:
  • Missempfindungen in der Gesichtsseite
  • Tränenfluss
  • Augenrötung
  • hängendes oder angeschwollenes Augenlid
  • Pupillenverengung
  • Verstopfung der Nase oder Nasenlaufen
  • Gesichtsschwitzen und -röte
  • auffallende Unruhe und Bewegungsdrang während der Attacken oder apathisches Wippen mit dem Oberkörper (sogenanntes Pacing around)
  • manchmal Licht- und Lärmüberempfindlichkeit, Übelkeit, Brechreiz, Erbrechen

Wie häufig tobt der Schmerzsturm im Kopf?


Die Attacken dauern zwischen 15 und 180 Minuten und treten während einer bestimmten Zeitspanne gehäuft, meist über eine aktive Periode von circa sechs Wochen auf. Die Frequenz variiert zwischen einer Attacke jeden zweiten Tag bis zu acht Attacken täglich. Es können aber auch Monate mit völlig schmerzfreien Phasen vergehen, bis sich die nächste Clusterschmerz-Episode zurückmeldet.

Episodischer und chronischer Verlauf

Unterschieden werden kann in episodischen und chronischen Clusterkopfschmerz.

Der episodische Clusterkopfschmerz

  • tritt in Clusterperioden von 7 bis 365 Tagen auf, die Clusterphasen dauern im Durchschnitt 4 bis 12 Wochen.
  • ist gekennzeichnet durch mindestens 14 Tage andauernde, schmerzfreie Intervalle.

Beim chronischen Clusterkopfschmerz

  • treten die Clusterattacken über ein Zeitintervall von mehr als einem Jahr auf.
  • gibt es keine kopfschmerzfreien Zeiten oder nur eine kurzfristige kopfschmerzfreie Zeit von weniger als 14 Tagen.

Die Krankheit verläuft entweder sofort chronisch oder die chronische Form entwickelt sich aus einem episodischen Clusterkopfschmerz heraus.

Männer oder Frauen – wer leidet häufiger an Clusterkopfschmerz?

Clusterkopfschmerz betrifft bevorzugt Männer zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Das Verhältnis von erkrankten Männern zu erkrankten Frauen beträgt 3:1.

Clusterkopfschmerz: Wie entstehen die Qualen im Kopf?


Die genauen Ursachen sind derzeit noch unklar, es gibt allerdings viele wissenschaftliche Theorien zur Entstehung von Clusterkopfschmerz. Ein wesentliches Merkmal ist, dass der Schmerz um oder hinter dem Auge entsteht. Während aktiver Clusterperioden haben Untersuchungen gezeigt, dass venöse Blutgefäße hinter dem Auge entzündet sind. Im Normalfall wird in diesem Venengeflecht das venöse Blut aus dem Kopf gesammelt und dann zum Herzen geleitet. In den Gefäßen können sich Entzündungsstoffe ansammeln. Eine Reizung der Nervenfasern ist sowohl unmittelbar durch die Entzündungsstoffe selbst denkbar als auch als Folge mechanischen Drucks der entzündlich erweiterten und aufgequollenen Blutgefäße auf die umliegenden Nerven, was den Schmerz auslöst.

Diese Theorie wird gestützt von der Beobachtung, dass gefäßerweiternde Substanzen wie Alkohol die Attacken auslösen können, während Substanzen, die die Gefäße verengen (wie Sauerstoff oder der Arzneistoff Sumatriptan), die Kopfschmerzanfälle schneller wieder beenden. Andere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Schmerzauslösung und -aufrechterhaltung mit einer erhöhten Aktivierung der Steuerzentren des Hypothalamus, dem Zwischenhirn, und einer stärkeren Aktivität der Hirnregion um den Hypothalamus zusammenhängt. Forscher gehen davon aus, dass es der Hypothalamus ist, der biologische Rhythmen wie den Schlaf-Wach-Rhythmus fehlsteuert – was letztendlich zum Entstehungsmechanismus von Clusterkopfschmerz führt.

Zu erklären wäre damit die Erkenntnis, dass die Schmerzattacken einer Tages- und Jahreszeitenrhythmik zu folgen scheinen. Die Schmerzen treten häufiger nach dem Einschlafen, in den frühen Morgenstunden sowie im Frühling und Herbst auf. Ob Clusterkopfschmerz vererbt werden kann, ist aktuell ebenfalls noch Gegenstand der Forschung.

Clusterkopfschmerz: Therapie


Psychische Mechanismen wie zum Beispiel Stress beeinflussen den Clusterkopfschmerz unwesentlich. Im Gegensatz zu Migräne und Spannungskopfschmerz wirken sich Entspannungsverfahren oder Stressbewältigungstechniken nicht positiv auf den Krankheitsverlauf aus. Auch von alternativen nichtmedikamentösen Therapiemaßnahmen wie Akupunktur oder Massagen raten Mediziner ab, da sie eine effektive Therapie nur hinauszögern würden.

Sauerstoff wirkt schnell und sicher

Bei 88 Prozent3 der Clusterkopfschmerz-Betroffenen hilft hundertprozentiger Sauerstoff, den der Patient über eine Mundmaske im Sitzen bei leicht vornübergebeugtem Oberkörper einatmet (8-15 Liter pro Minute für 15 Minuten). Bei zwei Dritteln der Attacken stellt sich innerhalb von sieben Minuten eine Kopfschmerzbesserung ein.4 Kündigt sich eine Attacke an, ist es wichtig, schnell mit dem Inhalieren zu beginnen, denn: Mehr als 15 Minuten nach Schmerzbeginn lässt es sich nicht mehr verhindern, dass der Schmerz von der Anstiegsphase bis zum Attacken-Maximum weiter zunimmt.

Sumatriptan injizieren

Gegen die akuten Schmerzen wird häufig der Wirkstoff Sumatriptan eingesetzt, der mit einem Autoinjektor unter die Haut gespritzt wird. Ein Autoinjektor ist ein medizinisches Instrument, mit dem sich der Patient die Einzeldosis eines flüssigen Medikaments selbst verabreichen kann. Dringend notwendig ist die enge Abstimmung mit dem Arzt, was die Dosis angeht. Unter keinen Umständen darf die Maximaldosis selbstständig erhöht werden.

Helfen übliche Schmerzmittel gegen Clusterkopfschmerz?

Azetylsalizylsäure, Paracetamol, Ibuprofen und andere Schmerzmittel, die bei Migräne und Spannungskopfschmerzen eingenommen werden, sind in der Therapie von Clusterattacken wirkungslos.

Clusterkopfschmerz vorbeugen

Zur Prophylaxe des Clusterkopfschmerzes werden verschiedene Substanzen eingesetzt. Die Wahl des Medikaments richtet sich unter anderem danach, ob es sich um einen episodischen oder chronischen Clusterkopfschmerz handelt.

  • Folgende Faktoren spielen bei der Auswahl der Medikamente ebenfalls eine Rolle:
  • Wirksamkeit
  • Verträglichkeit
  • Dauer der Anwendbarkeit
  • einfache Anwendung
  • Kombinierbarkeit mit der Akutmedikation

Bei episodischem Clusterkopfschmerz können Ergotamin und Verapamil eingesetzt werden, bei chronischem Clusterkopfschmerz Lithium oder Verapamil. Bei beiden Verläufen, episodisch und chronisch, werden auch Kortikosteroide verschrieben. Das sind Medikamente, die in der Umgangssprache meist als „Kortison“ bezeichnet werden und die zum Einsatz kommen, wenn es darum geht, Entzündungen zu bekämpfen. Zwar liegen noch keine umfassenden kontrollierten Studien über die vorbeugende Wirkung von Kortikosteroiden bei Clusterkopfschmerzen vor, doch sie zeigen zuverlässige Erfolge. Um unerwünschte (Langzeit)Wirkungen auszuschließen, sollten Kortikosteroide bei chronischen Clusterkopfschmerzen zurückhaltend und vor allem zeitlich begrenzt verordnet werden. Bitte sprechen Sie sich generell bei der medikamentösen Clusterkopfschmerz-Therapie immer eng mit Ihrem Arzt ab.

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Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Göbel, Hartmut: Erfolgreich gegen Kopfschmerzen und Migräne, 8. Aufl., 2016, S. 347.
  • 2Füller, Ingrid: Kopfschmerzen und Migräne, S. 111, ISBN 978-3-937880-22-8.
  • 3Bundesverband der Clusterkopfschmerz-Selbsthilfe-Gruppen (CSG) e.V. URL: http://www.clusterkopf.de/content/clusterkopfschmerzen/therapiemoeglichkeiten/ - Stand (Juni 2017).
  • 4Göbel, Hartmut: Erfolgreich gegen Kopfschmerzen und Migräne, 8. Aufl., 2016, S. 358.