Was ist ein Muskelriss?


Bevor das Prinzip des Muskelfaserrisses erklärt wird, ein paar Worte zum anatomischen Aufbau der Skelettmuskulatur: Der Muskel ist von einer Muskelbinde (Faszie) umgeben und besteht aus Muskelbündeln, die wiederum aus einer großen Zahl von Muskelfasern (Muskelzellen) zusammengesetzt sind. Der Muskelfaserriss ist eine Verletzung des Muskels, bei der einzelne Muskelfaseranteile einreißen.

In der Fachliteratur wird der Schweregrad häufig in drei bis vier Stadien eingeteilt:

  • Grad I: Riss einzelner Muskelfasern, Faszie ist unverletzt
  • Grad II: Riss von mehr als fünf Prozent der Muskelfasern mit lokalem Bluterguss (Hämatom)
  • Grad III: zahlreiche Muskelfasern sind gerissen, teilweise Riss der Faszie und nicht klar abgegrenzte Einblutungen
  • Grad IV: kompletter Faszien- und Muskelriss

Je nach Verletzungsumfang unterscheiden Mediziner auch in Muskelfaserriss, Muskelbündelriss oder Muskelriss. Es gibt Körperstellen, die besonders häufig von Muskelfaserrissen betroffen sind: Circa 65 Prozent treten am Oberschenkel auf, circa 15 Prozent an der Wade.1

Ein Sehnenriss – was ist das?

Sehnen übertragen die Kräfte vom Muskel auf das Skelett und umgekehrt, was über Verflechtungen der Sehnenfasern mit der Knochenhaut und dem Knochengewebe funktioniert. Die Sehnen bestehen aus straffem und kollagenfaserigem Bindegewebe. Kollagen ist ein Strukturprotein. Die Kollagenfasern sind für die Zugfestigkeit der Sehnen verantwortlich. Zu einem Sehnenriss kommt es fast ausschließlich dann, wenn die Sehnenstruktur bereits vorgeschädigt ist.
Das ist der Fall, wenn bei der Sehne durch kontinuierliche Über- und Fehlbelastungen der Verschleißprozess bereits eingesetzt hat, sie an Elastizität verliert und brüchig wird. Wird die Sehne dann bei einer Alltagsbelastung oder einem unerwarteten Ereignis abrupt und über Gebühr belastet, zum Beispiel bei einem Foul im Sport oder einem Treppensturz,
reißt die Sehne. Im Gegensatz zu einem Muskel, der relativ weich ist, lässt sich die Sehne gut nähen. Daher wird ein Sehnenriss häufig chirurgisch behandelt.

Was sind die Symptome eines Muskelfaserrisses?


Leitsymptom – sowohl von Muskelfaser-, Muskelbündel- als auch kompletten Muskelrissen – ist ein plötzlich auftretender, scharfer Schmerz, der so stark ist, dass die körperliche Aktivität beendet werden muss.

Weitere Symptome sind:

  • bei Muskelfaserrissen eine tastbare „Delle“ im Bereich der Verletzung, eine größere „Lücke“ ist spürbar bei Muskelrissen (Muskelrupturen)
  • ausgeprägter Ruhe-, Druck- und Dehnungsschmerz
  • Spannungsgefühl im Muskel
  • infolge der intermuskulären Blutung bildet sich ein Bluterguss  

Jeder Muskelriss muss umgehend therapeutisch behandelt werden.

Wie unterscheidet sich ein Muskelfaserriss von einer Muskelzerrung?


Bei der Muskelzerrung setzt der Schmerz meist langsam ein, in der Ruheposition ist der Patient weitgehend schmerzfrei. Beim Muskelfaserriss und Muskelriss lässt sich der Schmerz mit den Adjektiven scharf und messerstichartig beschreiben und der Schmerz lässt nicht nach – auch dann nicht, wenn das Körperteil nicht bewegt wird.

Behandlung eines Muskelfaserrisses – welche Optionen gibt es?


Im Akutstadium gilt bei allen Muskelverletzungen, so auch beim Muskelfaserriss oder Muskelriss, die PECH-Regel: Pause, Eis (Kühlen), Compression, Hochlagerung. Danach sollten Sie aber immer einen Arzt aufsuchen: Bildgebende Verfahren helfen dem Facharzt bei der Diagnosestellung, zum Beispiel lassen sich Muskelrisse und Einblutungen bei einer Ultraschalluntersuchung gut erkennen. Steht die Diagnose fest, ist es bei nachfolgender Muskelfaserriss-Therapie wichtig, den Muskel zu schonen.

Was kann man sonst noch bei einem Muskelfaserriss tun?

  • Es werden abschwellende und kühlende Salbenverbände eingesetzt, aber auch entzündungshemmende Enzyme oder Muskelrelaxanzien.
  • Eine manuelle Lymphdrainage kann dazu beitragen, dass die Schwellung schneller zurückgeht.

Erst wenn eine schmerzfreie Belastung möglich ist, kann zum behutsamen Belastungsaufbau unter Anleitung eines Physiotherapeuten mit Laufübungen und isometrischem Krafttraining begonnen werden, einem Training ohne Bewegung und meist auch ohne Hilfsmittel. Im Unterschied zum „normalen“ Krafttraining steht der Muskel beim isometrischem Krafttraining zudem unter Dauerspannung. Sie können sich das schlecht vorstellen? Vielleicht hilft folgendes Trainingsbeispiel: Bei der Übung „Bein-Berster“ lehnt man mit dem Rücken an der Wand, stellt sich vor, auf einem imaginären Stuhl zu sitzen und beugt die Beine im 90-Grad-Winkel. Nun heißt es, die Position so lang wie möglich zu halten. Mit dem isometrischen Krafttraining und den Laufübungen soll der Muskelschwund (Muskelatrophie) so gering wie möglich gehalten werden.

Ist bei einem Muskelfaserriss mehr als ein Viertel des Muskelquerschnitts betroffen und hat sich ein ausgedehntes Hämatom gebildet, ist wie bei kompletten Muskelrissen eine Operation notwendig.2

Wie lange dauert es, bis die Muskelverletzung ausgeheilt ist?


Wer sich einen Muskelfaserriss zugezogen hat, sollte mit zwei bis sechs Wochen rechnen, bevor er die Muskelpartie wieder voll belasten kann. Bei kompletten Muskelrissen müssen Sportler von einer Sportpause von mehr als sechs Wochen ausgehen. Die Zwangspause sollte, auch wenn es schwerfällt, eingehalten werden, da es sonst – wie auch bei falscher Behandlung – zu Narbenbildungen oder Verkalkungen im Bereich der Verletzungen kommen kann.

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Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
Quellen anzeigen
  • 1Scheid, Volker [Hrsg]: Sportbiologie. Wiebelsheim 2007. S. 173.
  • 2Weineck, J.: Sportanatomie. Balingen 2008. S. 65.