Was steckt hinter den Ohrenschmerzen bei Kindern?


Meist werden Ohrenschmerzen bei Kindern durch eine Infektion verursacht. Doch es gibt viele weitere Erkrankungen, die mit Ohrenschmerzen verbunden sind und sich durch unterschiedliche Anzeichen äußern. Die jeweiligen Symptome müssen jedoch nicht alle gleichzeitig auftreten.

Einige mögliche Ursachen für Ohrenschmerzen im Überblick:

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UrsacheSymptome
Mittelohrentzündungstarke, stechende oder klopfende Ohrenschmerzen; Kind fühlt sich krank, hat Schnupfen oder Halsschmerzen; vermindertes Hörvermögen; meist hohes Fieber; Schwerhörigkeit
GehörgangsentzündungSchmerzen oder Jucken, rote oder schuppende Haut im Ohr, Sekretabsonderung, Halslymphknoten sind geschwollen
FremdkörperKind hört schlechter als sonst, gegebenenfalls unangenehm riechende Sekretabsonderung (wenn Fremdkörper Infektion verursacht hat), kein Krankheitsgefühl oder Fieber
Barotrauma durch Veränderung des UmgebungsdrucksOhrenschmerzen beginnen bei dem Kind während oder kurz nach einer Flugreise, Druck im Ohr
Furunkel (Entzündung des Haarfollikels, einer Struktur, welche die Haarwurzel umgibt) im äußerem Ohrrote und prall gefüllte Beule; Schmerzen lassen nach, wenn das Furunkel platzt und der darin enthaltene Eiter abfließt
Ohrenschmalzpfropf (zu viel Ohrenschmalz wird produziert und sammelt sich an)leichte Ohrenschmerzen, Druck auf Ohr, vermindertes Hörvermögen, Tinnitus (Ohrgeräusche), Schwindel
Entzündung des Warzenfortsatzes (Teil des Schädelknochens) hinter dem OhrSchmerzen konzentrieren sich auf die Stelle hinter dem Ohr, tritt häufig nach einer Mittelohrentzündung auf, erneutes Fieber
Zahnentzündungen oder Entzündungen des KiefergelenksZahnschmerzen, die bis zu den Ohren ausstrahlen

Greifen sich Kinder immer wieder an die Ohren, sind unruhig und weinerlich, kann das auf Ohrenschmerzen hindeuten. Erhärtet sich der Verdacht auf Ohrenschmerzen oder Schmerzen, die von anderen Körperteilen wie den Zähnen oder dem Hals bis zu den Ohren ausstrahlen, sollten die Kleinen immer einem HNO- oder Kinderarzt vorgestellt werden. Der Facharzt kann die genaue Ursache für die Ohrenschmerzen bei Kindern finden und behandeln. Im Fokus steht, schwerwiegende Folgen, zum Beispiel einen Hörverlust bei einer unbehandelten Mittelohrentzündung, zu verhindern.

Ohrenschmerzen: Kinder besonders anfällig für eine Mittelohrentzündung


Vor allem sind es akut-entzündliche Erkrankungen, die bei Kindern zu Ohrenschmerzen führen. Allen voran ist hierbei die akute Mittelohrentzündung (Otitis media acuta) zu nennen, mit der sich vor allem Kinder unter zwei Jahren herumschlagen.1 Bis zum Ende des dritten Lebensjahres haben bereits drei von vier Kindern Ohrenschmerzen aufgrund einer Mittelohrentzündung gehabt, circa ein Drittel der Knirpse sogar mehr als dreimal.2

Warum Säuglings- und Kinderohren so empfindlich sind

Die Gründe dafür, wieso Kinderohren so anfällig für eine Mittelohrentzündung sind, sind beispielsweise:

  • häufiger Kontakt mit Krankheitserregern, hohes Ansteckungsrisiko (zum Beispiel in der Kindertagesstätte)
  • Immunsystem noch nicht ausgereift
  • kurze Ohrtrompete (Verbindungsgang zwischen Nasen-Rachen-Raum und Mittelohr)

Die Ohrtrompete bei Erwachsenen ist etwa 3,5 Zentimeter lang,3 bei Kindern ist sie wesentlich kürzer, da sie noch nicht vollständig ausgebildet ist. Krankheitserreger haben so ein leichtes Spiel: Gelangen sie – häufig in Zusammenhang mit einer Erkältung oder Grippe – in diesen Verbindungsgang, setzen sie sich dort fest und verursachen eine Entzündung. Da die Ohrtrompete nicht nur kürzer, sondern auch enger ist, schwillt sie durch die Entzündung schneller zu. Statt dass Eiter und Entzündungsflüssigkeit ungehindert aus dem Mittelohr abfließen können, staut es sich im Ohrinneren. Das geht mit plötzlich einsetzenden starken, stechenden oder pochenden Ohrenschmerzen bei den Kindern einher.

Mittelohrentzündung behandeln

Zwar klingen bei circa 80 Prozent die Beschwerden nach drei Tagen von selbst ab.4 Trotzdem ist es wichtig, mit Babys und Kindern zum Arzt zu gehen, wenn der Verdacht auf eine Mittelohrentzündung im Raum steht, um Komplikationen wie eine Ausbreitung der Entzündung auf benachbarte Knochen zu verhindern.

Neben der ärztlichen Behandlung, die beispielsweise

  • abschwellende Nasentropfen und -sprays,
  • entzündungshemmende Schmerzmittel, schleimlösende Medikamente oder
  • Antibiotika (bei bakteriell bedingter Mittelohrentzündung)

umfassen kann, gibt es nach den Patientenleitlinien der Universität Witten/Herdecke allgemeine Maßnahmen, die den Kindern bei Ohrenschmerzen beziehungsweise einer Mittelohrentzündung gut tun – auch, wenn die Wirksamkeit noch nicht wissenschaftlich belegt ist:5

  • Zwiebelsäckchen (Zwiebeln hacken, in ein Baumwolltuch wickeln und für circa 20 Minuten aufs Ohr legen)
  • Wärme (zum Beispiel Bestrahlung mit einer Rotlichtlampe, dreimal täglich für fünf bis zehn Minuten6)

Um noch einmal auf die Einnahme von Antibiotika zurückzukommen, empfehlen HNO-Ärzte, nur Babys unter sechs Monaten sofort Antibiotika zu verschreiben, wenn diese unter einer bakteriell bedingten Mittelohrentzündung leiden. Ansonsten sollte erst einmal zwei Tage lang beobachtet werden, ob sich der Gesundheitszustand der kleinen Patienten nicht auch ohne Antibiotikagabe wieder bessert.7

Stimmt es, dass Wärme immer bei Ohrenschmerzen hilft?

Nein, nicht bei allen Arten von Ohrenschmerzen. Während Kinder mit einer Mittelohrentzündung Wärme als wohltuend empfinden, gibt es auch Erkrankungen, bei denen es hilft, das Ohr von außen zu kühlen, um die Schmerzen zu lindern. Ein Beispiel hierfür sind Entzündungen im äußeren Gehörgang (Otitis externa), die durch Bakterien, Pilze oder eine allergische Reaktion (zum Beispiel gegen Inhaltsstoffe von Haarpflegemitteln) ausgelöst werden können.

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Julia Lindert Die Ressortjournalistin Julia Lindert spezialisierte sich während ihres Studiums auf die Themenfelder Medizin und Biowissenschaften. Medizinische Sachverhalte in verständlicher Sprache zu formulieren, ist das, was sie an ihrer Arbeit besonders mag. Ihr Credo in Bezug auf Krankheitsbilder und Therapiemöglichkeiten: Nichts beschönigen, aber auch keine unnötigen Ängste schüren. Julia Lindert Medizinredakteurin kanyo® mehr erfahren
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